Kornrade

Kornrade - Agrostemma githago
Kornrade - Agrostemma githago

Verwendete Pflanzenteile: Samen und Kraut. Wegen der starken Giftigkeit ist von selbst hergestellten Zubereitungen dringend abzuraten!
Inhaltsstoffe: Die Aminosäure Orcylalanin (0,4 Prozent), Triterpensaponine (Githagosid, Agrostemmasaponin), das Protein Agrostin und fette Öle. Das Saponin Githagosid wirkt toxisch. Es verknüpft Githegenin mit Zuckern wie Rhamnose, Glukose und Xylose. Githagosid ist am stärksten in den Samen konzentriert.

Herkunft: Ursprünglich östlicher Mittelmeerraum und Westasien. Durch den Ackerbau weit verbreitet.

Aussehen der Kornrade

Die Kornrade, die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammt, ist eine einjährige, krautige Pflanze mit Wuchshöhen zwischen 60 und 100 Zentimetern. Die weiß, purpur oder rosafarbenen Blüten mit fünf, etwa drei Zentimeter langen Kronblättern, thronen von Juni bis August allein oder auch mal zu dritt auf der Spitze des Pflanzenstängels. Zum schmal zulaufenden Blütengrund hin hellt sich ihre Farbe auf. Markant ist eine schwarze Zeichnung der Kronblätter, die in die Blütenmitte zielt. Fünf schmale Kelchblätter überragen die Blüte und verleihen ihr eine exotische Eleganz. An der Basis sind die Kelchblätter zu einer Röhre verwachsen, die durch ihre zottige Behaarung fast eine tierische Anmutung hat. Diese zottige grau-filzige Behaarung überzieht ebenfalls Stängel und Blätter. Entlang des kaum verzweigten Stängels wachsen gegenständige Laubblätter, die schmal und spitz zulaufend sind. Die Kornrade ist mit einer bis zu 85 Zentimeter langen spindelförmigen Pfahlwurzel tief in der Erde verankert. Zwischen Juli und September reifen die Kapselfrüchte mit schwärzlichen Samen.

Wirkung der Kornrade

Die sekundären Pflanzenstoffe der Kornrade haben es in sich: Insbesondere die Samen sind aufgrund der Triterpensaponine stark giftig. Eine Arbeitsgruppe an der Freien Universität Berlin konnte in Kornradesamen zudem Agrostin nachweisen, ein Protein, das die ribosomale RNA inaktiviert (Weise et al. 2020). Dieses so genannte RIP (ribosome-inactivating protein) gehören zu den N-Glykosylasen. Das sind Enzyme, die über die Inaktivierung der mRNA die Proteinsynthese irreversibel hemmen und damit zum Zelltod führen.

Medizinischer Nutzen der Kornrade

Die Volksheilkunde kannte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die Kornrade als Heilpflanze bei Hautunreinheiten, Gastritis, Husten, gegen Würmer und zur Entwässerung. Diese Indikationen gelten heute als nicht belegt. Die Homöopathie setzt Zubereitungen der getrockneten Samen bei Magenschleimhautentzündungen ein.

Untersuchungen an der Freien Universität Berlin attestieren der Kornrade zytotoxische Eigenschaften (Hebestreit, Melzig 2003). Ein wässriger Auszug aus dem Samen ist dabei wirksamer gegen Krebszellen als isoliertes Agrostemmasaponin. Zellen können Angriffe von außen mithilfe von Zuckern abwehren, die die Zellerkennung behindern. Die Kombination von Agrostemmasaponin mit Agrostin widersteht diesen Abwehrmechanismen. Die beiden Komponenten erzeugen im Zusammenspiel eine ”cooperative toxicity”. Erst die Summe der Inhaltsstoffe der Kronrade, das Vielstoffgemisch, erlangt die maximale Wirksamkeit: Das Saponin wirkt als Zellöffner und ermöglicht es, dem Agrostin in die Zelle einzudringen, wo es als RIP die Proteinsynthese hemmt. In weiteren Untersuchungen (Böttger 2013) konnten in Kornrade vier unterschiedliche Saponine benannt werden, die die Zytotoxizität von RIP verstärken.

Ein neu aus der Kornrade isoliertes Triterpensaponin, das Agrostemmosid E, zeigte in Untersuchungen eine geringe Zelltoxizität, dafür aber ein hohes Potenzial, Zellen für den Gentransfer durchlässig zu machen (Clochard et al. 2020). Es könnte deshalb als Werkzeug bei Gentransfektionen eine Rolle einnehmen.

Wissenswertes über Kornrade

Der wissenschaftliche Name „githago“ leitet sich von Griechisch “gith” = Schwarzkümmel ab. Kornradensamen sehen denen des Schwarzkümmels ähnlich. 
Die Konrade war ein weit verbreitetes Ackerunkraut. Da die Samen zur selben Zeit reifen wie das Getreide und die Samen ähnlich groß sind wie die Getreidekörner, kam es häufig zur Untermischung des Getreides mit den hochgiftigen Samen. Die Menschen bekämpften deshalb die Kornrade als gesundheitsgefährdende Pflanze. Sie waren darin so erfolgreich, dass die Kornrade heute vom Aussterben bedroht ist. Die überdüngten Böden gaben ihren Anteil dazu, die Pflanze großenteils verschwinden zu lassen.  
Kornradensud kann gegen Pflanzenschädlinge, zum Beispiel Nematoden eingesetzt werden. 

Literatur zur Kornrade

Böttger S. Untersuchungen zur synergistischen Zytotoxizität zwischen Saponinen und Ribosomen inaktivierenden Proteinen Typ I. Dissertation. Berlin 2013. https://d-nb.info/1045859257/34

Clochard J, et al. A new acetylated triterpene saponin from Agrostemma githago L. modulates gene delivery efficiently and shows a high cellular tolerance. Int J Pharm 2020; 589: 119822. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32861772/

Hebestreit P, Melzig MF. Cytotoxic Activity of the Seeds from Agrostemma githago var. githago. Planta Med 2003; 69: 921-925.

Weise C, et al. An unusual type I ribosome-inactivating protein from Agrostemma githago L. Scientific Reports 2020; 10: 15377. https://www.nature.com/articles/s41598-020-72282-2.