Ein Vogel fliegt über den Baum und lässt mit seiner Ausscheidung eine Mistelbeere fallen. Warum aber bleibt diese Mistelbeere am Baum kleben? Die Antwort findet sich in dem weißen Fruchtfleisch, das den Mistelsamen umgibt. Es enthält einen Zelluloseklebstoff namens Viscin, der bis zu zwei Meter lange klebrige Fasern bildet.
Eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam zusammen mit Kollegen der McGill Universität in Kanada untersuchten die Eigenschaften des Viscins (Horbelt et al. 2022). In trockenem Zustand haben die Viscinfasern eine erstaunliche Klebekraft. Angefeuchtet lässt sich das Viscin wieder einfach lösen. Die quellfähigen Fasern lassen sich im feuchten Zustand zudem zu dünnen Filmen dehnen oder in 3D-Strukturen verarbeiten.
Viscin haftet nicht nur an organischen Materialien, sondern auch an Glas, Kunststoffen und Metall. Möglicherweise lässt sich ein Film aus diesem biologischen Klebstoff als leicht wieder entfernbarer Wundverschluss einsetzen.
Quelle
Horbelt N, Fratzl P, Harrington MJ. Mistletoe viscin: a hygro- and mechano-responsive cellulose-based adhesive for diverse material applications. PNAS Nexus 2022; 1: 1-11.
